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Karnataka – Jahrhundertealte Kultur trifft auf moderne IT-Industrie
29 Nov 2021
Der indische Bundesstaat Karnataka liegt im Südwesten des Landes und erstreckt sich von der Malabarküste im Westen über den Gebirgszug der Westghats bis weit hinein ins Dekkan-Plateau. Mit einer Fläche von rund 200.000 km² und einer Bevölkerungszahl von über 60 Millionen rangiert Karnataka im oberen Mittelfeld der insgesamt 28 Bundesstaaten der Indischen Union. In Indiens Süden wiederum belegt Karnataka bei der Bevölkerungsgröße sogar den zweiten Rang hinter dem im äußersten Südosten gelegenen Tamil Nadu.
Durch den am 31. August 1956 in Kraft getretenen States Reorganisation Act wurden die Grenzen vieler indischer Bundesstaaten auf der Grundlage von sprachlichen Kriterien neu gezogen. Im Falle Karnatakas wurde der Grenzverlauf anhand des Sprachgebietes der Sprache Kannada festgelegt. Das zur dravidischen Sprachfamilie zählende Kannada dient als alleinige Amtssprache des Bundesstaates und wird von ca. zwei Dritteln der Einwohner als Erstsprache gesprochen. Trotz dieser linguistischen Grenzziehung werden in Karnataka eine Vielzahl weiterer Sprachen als Erst-, Zweit-, oder Drittsprachen verwendet. Hierzu zählen unter anderem weitere dravidische Sprachen wie Tamil oder Telugu, aber auch das indoarische Urdu, welches von einer Mehrheit der muslimischen Bevölkerung gesprochen wird. Gemäß der letzten Volkszählung sind knapp 13 % der Bewohner Karnatakas Muslime, wohingegen 84 % dem Hinduismus angehören. Mit großem Abstand folgen kleinere Religionsgemeinschaften wie die Katholiken, die vornehmlich in den Küstengebieten leben und vor allem das eng mit dem Marathi verwandte Konkani als Erstsprache benutzen.
Die große Diversität innerhalb der Bevölkerung Karnatakas spiegelt sich nicht zuletzt im überaus vielfältigen kulturellen Erbe des Bundesstaates wider. Die im äußersten Süden gelegene Großstadt Mysuru (ehemals Mysore) war über Jahrhunderte Hauptstadt des gleichnamigen Fürsten Staates und hat sich seinen Ruf als kulturelle Hauptstadt Karnatakas bis heute bewahrt. So steht Mysurus prunkvoller Königspalast im Mittelpunkt der jährlichen Feierlichkeiten zu Dasara, dem wichtigsten Fest im Bundesstaat. Doch auch abseits der großen Städte werden Karnatakas Traditionen gepflegt. Insbesondere das Yakshagana, ein traditionelles Tanztheater, welches sich durch seine fantasievollen und farbenfrohen Kostüme auszeichnet, erfreut sich in den Dörfern Karnatakas großer Beliebtheit.
Die kulturelle Vielfalt Karnatakas lässt sich auch an der Vielzahl historischer Stätten erkennen, die sich über die ganze Fläche des Bundesstaates verteilen. Insbesondere der Norden Karnatakas bietet mit seinen architektonischen Meisterwerken spannende Einblicke in die wechselvolle Geschichte Südindiens. So finden sich unweit der Stadt Hosapete die faszinierenden Überreste der alten Hauptstadt des hinduistischen Vijayanagara-Reiches, welches vom 14. bis ins 16. Jahrhundert bestand und sich über große Teile Südindiens erstreckte. Die inmitten einer einzigartigen Hügellandschaft mit riesigen Felsbrocken und tiefgrünen Reisfeldern gelegenen Tempel- und Palast Ruinen von Hampi wurden bereits 1986 ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Noch weiter nördlich lassen sich die Zeugnisse des Sultanats Bijapur bewundern, einem bedeutsamen muslimischen Fürstenstaat, der sich seit Ende des 15. Jahrhunderts über große Teile des Dekkan-Plateaus erstreckte. Das Mausoleum Gol Gumbaz gehörte bei seiner Fertigstellung zu den weltweit größten Kuppelbauten und zählt bis heute zu den bekanntesten Bauwerken Karnatakas. Auch der Süden Karnatakas wartet mit einzigartigen Bauwerken auf, wie der Tempelarchitektur aus der Hoysala-Epoche. Die aus Speckstein gefertigten Ornamente und Götterbildnisse, welche die Tempel schmücken, gehören zu den herausragendsten Zeugnissen hinduistischer Tempelkunst in Südindien.
Die drei Hauptgötter des Hinduismus (von links: Brahma, Shiva und Vishnu) am Chennakeshava-Tempel bei Belur
Über Indiens Grenzen hinweg hat sich Karnataka in den letzten Jahren als wichtiger Standort der IT-Industrie einen Namen gemacht. Insbesondere die Hauptstadt Bengaluru (ehemals Bangalore) zählt heute zu den globalen Zentren der Softwareindustrie; Indiens Schwergewichte in der IT-Branche wie die multinationalen Unternehmen Infosys oder Wipro haben hier ihren Hauptsitz. Die in Karnataka beheimateten Unternehmen profitieren von der hohen Dichte an Hochschulen und Universitäten im Bundesstaat, welche insbesondere in technischen und medizinischen Disziplinen stark aufgestellt sind. Trotz hoher Wachstumsraten in der Hightech-Industrie ist die Mehrheit der Einwohner Karnatakas jedoch weiterhin in der Landwirtschaft beschäftigt, zu dessen Hauptprodukten Reis, Kaffee und Hirse sowie eine Vielzahl verschiedener Obst- und Gemüsesorten zählen. Aufgrund dieses Reichtums an landwirtschaftlichen Erzeugnissen überrascht es nicht, dass sich in Karnataka eine vielfältige Küche entwickeln konnte, die mit viele regionalen Besonderheiten aufwartet. Hier finden sich sowohl Klassiker der südindischen Küche wie Idlis und Dosas als auch ausgefallenere Spezialitäten wie Ragi Mudde (Klöße aus Fingerhirsemehl) oder die beliebte Süßspeise Mysore Pak.
Karnataka ist also nicht nur aufgrund seiner Wirtschaftskraft und dem damit verbundenen Job- und Studienangebot ein attraktives Ziel für Zuwandernde, sondern der südindische Bundesstaat zeichnet sich zudem durch seine architektonischen Meisterwerke, prächtigen Feste und kulinarische Vielfalt aus.
Falls ihr weitere Fragen zu Karnataka oder anderen indischen Bundesstaaten habt, dann schreibt uns gerne in den Kommentaren oder an [email protected]
Autor: Ferdinand Schlechta
Fotos: Ferdinand Schlechta
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