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Indiens Bundesstaaten - "Unity in Diversity"

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Date23 Dec 2021

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Das unabhängige Indien wurde als Union aus einer Vielzahl von Bundesstaaten gegründet. Mit der Befreiung aus der kolonialen Herrschaft ergab sich die Schwierigkeit aus einem vielfältigen Flickenteppich an Sprachen, Kulturen und Religionen einen neuen Nationalstaat zu formen. Dieser enormen Vielfalt Indiens wird bereits in der Verfassung, die am 26. Januar 1950 in Kraft trat, Rechnung getragen. Diese definiert die Indische Union als säkulare Demokratie, welche die freie Religionsausübung garantiert. Zudem wurden zwar nur Hindi und Englisch als offizielle Sprachen der gesamten Indischen Union festgelegt, aber die Verfassung benennt noch 21 weitere offiziell anerkannte Sprachen. 

Diese Vielzahl an Sprachen spiegelt sich auch in der föderalen Struktur der indischen Republik wider. Bei ihrer Unabhängigkeit im Jahre 1947 umfasste das Staatsgebiet der Republik Indien noch mehr als 500 Fürstenstaaten, welche in den folgenden Jahren in die indischen Bundesstaaten integriert wurden. Zu Beginn orientierten sich die Grenzen dieser Bundesstaaten noch stark an der Verwaltungsgliederung Britisch-Indiens. Doch bereits in den 1950er und 60er Jahren wandelte sich die politische Landkarte Indiens erheblich, als die Grenzen anhand von ethnisch-sprachlichen Kriterien neu gezogen wurden. Die föderale Aufteilung Indiens wurde in den folgenden Jahrzehnten noch mehrfach verändert. Dies geschah einerseits durch den Beitritt weiterer Bundesstaaten zur Indischen Union – wie Goa im Jahre 1961 oder Sikkim im Jahre 1975 – und andererseits durch die Aufteilung von Bundesstaaten – wie unter anderem die Abspaltung Chhattisgarhs von Madhya Pradesh oder die Aufteilung des Bundesstaates Jammu und Kaschmir in zwei neu geschaffene Unionsterritorien. 

Nach aktuellem Stand besteht die Indische Union somit aus 28 Bundesstaaten und 8 Unionsterritorien. Während die Bundesstaaten über eigene Regierungen verfügen, welche aus den Wahlen für die Länderparlamente hervorgehen, unterstehen die Unionsterritorien der Zentralregierung in Neu-Delhi. Ähnlich wie in Deutschland werden in Indiens föderalem System die Kompetenzen zwischen der Bundesebene und den Staaten aufgeteilt. So ist die Zentralregierung in Neu-Delhi für Politikfelder wie die Außen- und Währungspolitik sowie für die Landesverteidigung zuständig, wohingegen unter anderem die Bildungspolitik sowie die Polizei im Kompetenzbereich der Bundesstaaten liegen. 

Die Staaten können zudem über die Rajya Sabha, der zweiten Kammer des indischen Parlaments, Einfluss auf die Bundesgesetzgebung ausüben. Diese Kammer fungiert als politische Vertretung der Bundesstaaten und bildet zusammen mit der Lok Sabha die Legislative der Republik. Allerdings sind die Einflussmöglichkeiten der Länderkammer gegenüber der ersten Kammer begrenzt. Zwar sind die zwei Kammern grundsätzlich gleichgestellt, doch bei Uneinigkeiten nimmt die Lok Sabha eine wichtigere Stellung ein. Denn in diesem Fall kommen beide Kammern zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, was der Lok Sabha aufgrund ihrer deutlich größeren Anzahl an Abgeordneten einen Vorteil verschafft. Zudem verfügt die erste Kammer über das Vorrecht in der besonders wichtigen Haushaltspolitik und Misstrauensvoten gegen die Regierung werden ausschließlich in der Lok Sabha verhandelt.  

Indiens Bundesstaaten unterscheiden sich nicht nur in ihren kulturellen Traditionen und ihrer Bevölkerungsstruktur voneinander, sondern die 28 Staaten weisen zudem enorme Unterschiede bezüglich ihrer Größe, Wirtschaftskraft und politischem Einfluss auf. In ihren geographischen Ausmaßen reicht die Bandbreite vom tropischen Kleinstaat Goa mit einer etwas größeren Staatsfläche als das Großherzogtum Luxemburg bis hin zu den weiten Wüsten und Gebirgsketten von Rajasthan, dessen Fläche fast an das gesamte Staatsgebiet Deutschlands heranreicht. Auch die Bevölkerungsgröße variiert enorm – von Sikkim mit rund 600.000 Einwohnern bis hin zu Uttar Pradesh (UP). In diesem in der Gangesebene gelegenen Bundesstaat leben schätzungsweise 230 Millionen Menschen und damit ca. halb so viele wie in der gesamten Europäischen Union. Das wirtschaftliche Herz Indiens wiederum schlägt im zweitbevölkerungsreichsten Bundesstaat Maharashtra mit seiner Hauptstadt Mumbai – der bedeutendsten Finanz- und Wirtschaftsmetropole auf dem indischen Subkontinent. Auf die Megacity an Indiens Westküste entfallen stolze 60% der Zollabgaben sowie ein Drittel des gesamten Einkommensteueraufkommens Indiens.

Mit Blick auf diese Kennziffern überrascht es nicht, dass die beiden zuletzt genannten Bundesstaaten auch auf der politischen Landkarte Indiens eine herausgehobene Stellung einnehmen. Insbesondere die alle fünf Jahre stattfindenden Wahlen des Länderparlaments von Uttar Pradesh gelten als wichtiger Gradmesser für die politische Stimmung im ganzen Land. So wird der im kommenden Februar und März (2022) anstehende Urnengang in UP bereits mit großer Spannung erwartet. Nicht umsonst lautet die bekannte Losung: „Wer in UP gewinnt, gewinnt in ganz Indien.“

Falls ihr weitere Fragen zu Indiens Bundesstaaten habt oder über einen bestimmten Staat mehr erfahren möchtet, dann schreibt uns gerne in den Kommentaren oder an [email protected]!

Autor: Ferdinand Schlechta 

Foto Credit: Gayatri Malhorta - Unsplash

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