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Deutsche Schule Bombay - ein Interview mit Anna Thiede

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Date06 Oct 2021

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Internationale Schulen gibt es in Indien viele, doch was macht sie aus? Lasst euch von Anna ein wenig über die Deutsche Schule Bombay (kurz: DSB) erzählen. Sie war 2 Jahre Lehrerin an der DSB und gibt uns im folgenden Interview spannende Einblicke in diese Zeit. 

Wie bist du an die DSB (Deutsche Schule Bombay) gekommen?

Während meines Bachelorstudiums traf ich ganz zufällig in einem der Praktika auf einen Lehrer, der mir in einem Gespräch über Indien erzählte, dass er mal an der Deutschen Auslandsschule in Neu Delhi gearbeitet hat. Das war das erste mal, dass ich überhaupt von der Existenz deutscher Auslandsschulen hörte. Da ich mich seit meiner Kindheit schon für das Land Indien interessierte, entstand nach dem Gespräch der erste Gedanke über ein Praktikum oder ähnliches an einer Deutschen Auslandsschule. Später ergriff ich die Möglichkeit eines dreimonatigen Praktikums mit Lehrtätigkeit an der Universität in Mumbai, bei dem ich so prägende Erfahrungen sammelte, dass ich einige Jahre später, nach meinem Masterabschluss, ein zweites Praktikum in der Deutschen Abteilung der Universität Mumbai absolvierte. Während der Tätigkeit an der Uni, suchte ich im Internet nach alternativen Beschäftigungsangeboten für Deutschlehrer*innen in Mumbai und stieß dabei auf die Deutsche Schule Bombay.

Was hat dir besonders gut an der DSB gefallen?

Die DSB repräsentiert als deutsche Auslandsschule nicht nur die deutsche Sprache, sondern beispielsweise auch deutsche (Schul-)Traditionen. Und diese inmitten eines kulturell so unterschiedlichen Landes wie Indien wiederzufinden, war eine interessante Erfahrung. Vor allem, weil mir erst durch die Entfernung zu Deutschland und durch die neuen Rahmenbedingungen aufgefallen ist, welche Traditionen typisch deutsch sind. Beispielsweise die Ostereiersuche oder die Schultüte zur Einschulung. An der DSB hat mir außerdem gut gefallen, dass es neben dem deutschen noch einen internationalen Zweig gibt, in dem die Schüler*innen Deutsch als Fremdsprache lernen. Aufgrund der Verzahnung der Abteilungen lernen die Schüler*innen in interkulturellen Gruppen, von denen sie ihr Leben lang profitieren werden. Mir persönlich hat auch der Austausch und die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen aus verschiedenen Nationen unheimlich viel Spaß bereitet und mich bereichert.

Wie deutsch ist die Deutsche Schule Bombay?

Die DSB ist als deutsche Schule in den 1960er Jahren gegründet worden. Seit dem Aufbau der internationalen Abteilung nimmt auch der internationale Charakter der Schule zu. Die Schule folgt damit in meinen Augen dem allgemeinen Trend der Globalisierung. Das Abitur ist im Vergleich zum IB (International Baccalaureate) weniger modern oder an aktuelle Themen angepasst. Daher kann ich es verstehen, wenn Eltern wollen, dass ihre Kinder das IB anstatt des Abiturs absolvieren. Meiner persönlichen Meinung nach kommt aber das Erlernen der deutschen Sprache an der DSB zu kurz und wird nicht genug wertgeschätzt.

Haben die Schüler*innen eine bessere Chance an deutschen Unis zu studieren, wenn sie an der DSB waren?

Wenn die Schüler*innen, die Deutsch als Fremdsprache oder Zweitsprache lernen das DSD (Deutsches Sprachdiplom) 1 und 2 an der DSB absolvieren, dann definitiv schon, da diese Sprachzertifikate an den Universitäten in Deutschland anerkannt sind und sie damit zu den Studiengängen auf Deutsch zugelassen werden können.

Wie würdest die Rolle von “International Schools” im indischen Bildungssystem einschätzen?

Die meisten “International Schools” sind private Träger und die Schulgebühren unheimlich hoch. Das kann  sich nur die wohlhabende Mittelschicht und die Oberschicht der indischen Gesellschaft leisten, zu denen nur ein kleiner Teil der indischen Gesamtbevölkerung zählt. Im indischen Bildungssystem spielen sie für die Mehrheit wohl nur eine untergeordnete Rolle.

Für die indische Mittel- und Oberschicht in den Großstädten Indiens spielen International Schools allerdings eine sehr große Rolle, da sich die Familien oft international orientieren und ihren Kindern perspektivisch eine Ausbildung außerhalb in Indiens ermöglichen wollen. Den Kindern, der in Indien lebenden Expat-Familien, bieten die International Schools die Möglichkeiten, in ihrer Muttersprache zu lernen und einige Traditionen ihrer Heimatländer aufrechtzuerhalten. In den Schulen kommen einflussreiche Familien zusammen, knüpfen Kontakte und bauen sich ein Netzwerk auf, von dem sie profitieren.

Solange International Schools keine Stipendien oder Programme anbieten, mit denen sozioökonomisch benachteiligte Kinder aufgenommen werden können, sind sie Orte, an denen Chancenungleichheit im Bildungssystem sichtbar wird.

Danke für das Interview, Anna! Schaut euch gerne auch unseren allgemeinen Artikel zu internationalen Schulen in Indien an. Habt ihr noch Fragen oder eigene Erfahrungen mit internationalen Schulen in Indien, dann schreibt gerne uns hier

Das Interview führte: Tanja Holbe

Foto Credit: Anna Thiede

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