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Die Frauenbewegung in Indien

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Date10 Mar 2022

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Auf der ganzen Welt wird am 8. März der Internationale Frauentag gefeiert und damit die öffentliche Aufmerksamkeit auf den weltweiten Kampf für Frauenrechte und für die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern gelenkt. An diesem besonderen Datum geht es also um die Belange von Frauen nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auf der ganzen Welt. Dennoch wird der Internationale Frauentag in Deutschland oft ausschließlich mit der Frauenrechtsbewegung in Nordamerika und Europa in Verbindung gebracht, die bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts entstand und im Verlaufe des 20. Jahrhunderts weiter an Bedeutung gewann. Auch wenn der Einfluss dieser Bewegung über den Globalen Norden hinausreicht, haben sich in den letzten Jahrzehnten auch in vielen anderen Erdteilen Aktivist*innen zusammengetan, um für die Rechte von Frauen einzustehen. 

Auch Indien kann auf eine lange Tradition des friedlichen Protestes und der Mobilisierung für Frauenrechte zurückblicken. In einer ersten Phase vom 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden Reformbewegungen, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Praxis der Witwenverbrennung zu ächten, Kinderhochzeiten zu verbieten sowie Witwen eine erneute Heirat zu ermöglichen. Ein weiteres zentrales Anliegen für die ersten indischen Frauenrechtlerinnen war das Recht auf Bildung für Frauen und Mädchen. Savitribai Phule und ihr Ehemann Jyotiba Phule gründeten 1848 die erste von Inder*innen geführte Mädchenschule. Bis heute inspiriert Savitribai viele junge Aktivist*innen, sich für Bildungsgerechtigkeit einzusetzen. Zu den Pionierinnen des indischen Feminismus zählte auch die bengalische Dichterin und Sozialarbeiterin Kamini Roy, die sich vehement für das Frauenwahlrecht einsetzte. Nicht zuletzt dank des unermüdlichen Aktivismus von Roy und ihren Mitstreiterinnen durften Frauen in der Region Bengalen bereits 1926 zum ersten Mal ihre Stimme bei einer Wahl abgeben. 

Nach dem ersten Weltkrieg stand Indiens feministische Bewegung stark unter dem Einfluss des aufkeimenden Widerstandes gegen die britische Kolonialmacht. Mahatma Gandhi bezog Frauen in den gewaltfreien Kampf für Indiens Unabhängigkeit explizit mit ein. Doch vor allem der Rechtsanwalt und Sozialreformer Bhimrao Ambedkar wird bis heute als Verfechter der Rechte indischer Frauen gewürdigt. Ambedkar, der den Vorsitz des indischen Verfassungskomitees inne hatte, setzte sich vor allem für die Gleichberechtigung jener Frauen ein, die besonders benachteiligten Kasten angehörten. Bhimraos Ehefrau, Ramabai Ambedkar, zählte zu den wichtigsten Inspirationsquellen seines philosophischen Werkes. Ramabais Beitrag zur indischen Verfassung und zur Stärkung der Rechte der Dalits wird seit einigen Jahren stärker in der indischen Öffentlichkeit gewürdigt. So ziert seit 2018 eine lebensgroße Statue von Ramabai einen zentralen Platz in der indischen Großstadt Pune. 

Wenn ihr euch einen Überblick über die indischen Bundesstaaten verschaffen wollt, dann schaut euch unseren Artikel zur "Einheit in Vielfalt" an!

Nach Indiens Unabhängigkeit gelang es mehr Frauen, Spitzenpositionen in der indischen Politik und Gesellschaft zu besetzen. Indira Gandhi war seit 1966 Indiens erste und bisher einzige Premierministerin und damit als eine der ersten Frauen weltweit Regierungschefin. In den letzten Jahren ist vor allem Mamata Banerjee, seit 2011 Regierungschefin des Bundesstaates Westbengalen, als einflussreiche Politikerin in Erscheinung getreten. In der Geschäftswelt wiederum konnten sich vor allem Frauen aus der indischen Diaspora einen Namen machen, wie Revathi Advaithi, die seit 2019 den multinationalen Elektronikkonzern Flex mit 200.000 Mitarbeiter*innen leitet. 

In den vergangenen Jahrzehnten ist die feministische Bewegung in Indien weiter gewachsen und konnte mithilfe des Internets und sozialer Medien sowie aufgrund eines stark gestiegenen Bildungsniveaus immer mehr Unterstützer*innen für die Belange der indischen Frauen mobilisieren. Insbesondere seit dem Beginn der 2000er Jahre wurden in vielen indischen Großstädten Proteste mit tausenden Teilnehmer*innen organisiert, um gegen Gewalt an Frauen und für das Selbstbestimmungsrecht zu demonstrieren. Diese Proteste sorgten nicht nur dafür, dass Frauenrechte stärker ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit rückten, sondern auch dafür dass neue Gesetze gegen häusliche Gewalt und Belästigungen am Arbeitsplatz erlassen wurde sowie bestehende deutlich verschärft wurden. 

Die Organisation „Feminism in India“ bietet auf ihrer Webseite einen guten Überblick zu den aktuellen Themen und Aktionen von feministischen Gruppen in Indien. Zudem könnt ihr dort noch viele weitere Einzelheiten zur Geschichte der indischen Frauenbewegung erfahren.

Falls ihr weitere Fragen zur feministischen Bewegung in Indien oder zur internationalen Frauenrechtsbewegung habt, dann schreibt uns gerne in den Kommentaren oder an [email protected]

Autor: Ferdinand Schlechta

Foto: Unsplash - Wandering Indian 

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