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Indische Neujahrsfeste

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Date02 Apr 2022

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In Indien wird Neujahr nicht nur am 1. Januar gefeiert. Je nach Region und Glaubensgemeinschaft gibt es viele verschiedene Neujahrsfeste. Das liegt daran, dass verschiedene Kalender zur Bestimmung des neuen Jahres genutzt werden. Das hinduistische Neujahr richtet sich so entweder nach dem Mond- oder nach dem Sonnenkalender. So variieren die Daten, die Namen für das Fest und die Bräuche je nach Region stark. Der islamische Kalender folgt dem Mondzyklus und die Zoroastren (die Parsen in Indien) richten ihr Neujahrsfest nach der Sonne aus. 

In diesem Artikel geben wir euch einen Einblick in die verschiedenen Feierlichkeiten zum Neujahr in ganz Indien. Damit decken wir viele wichtige Feiertage in Indien ab. Schaut euch auch unsere Artikel zu den hinduistischen Festen Diwali und Holi an!

Feierlichkeiten nach dem Mondkalender

Die indischen Neujahrsfeste, die sich nach dem Mondkalender richten, finden meist im Frühjahr statt. Sowohl im Süden in Andhra Pradesh, Telangana, Karnataka, Maharashtra und Goa als auch auch im Norden des Landes in Kashmir, Uttar Pradesh, Bihar, Madhya Pradesh, Chhattisgarh, Jharkhand, Gujarat, Manipur, Sikkim, Ladakh findet ihr Neujahrsfeste, die meist zur gleichen Zeit stattfinden. Dieses Jahr finden die Festivals am 2. April statt, in den nächsten Jahren an folgenden Daten: 20. Februar 2023, 9. April 2024, 30. März 2025. 

In Karnataka, Telangana, Andhra Pradesh und Teilen von Maharashtra und Goa wird das hinduistische Neujahrsfest Ugadi oder Yugadi genannt. Der Name für dieses Fest setzt sich aus den Sanskrit Wörtern Yuga (Zeitalter) und Adi (neu) zusammen. Die Menschen feiern also den Beginn einer neuen Zeit. Dazu nehmen sie früh am Morgen ein Ölbad und gehen dann in neuen Kleidern in den Tempel, um zu beten und Opfergaben darzubieten. Zur Feier des Tages wird ein besonderes Festmahl zubereitet, das alle sechs Geschmacksrichtungen enthalten sollte. Diese stehen für die verschiedenen Emotionen innerhalb eines Jahres. Das süße Jaggery oder reife Banane stehen für Freude, während die bitteren Blätter des Neembaumes Traurigkeit symbolisieren. Grüne Chilis repräsentieren Wut, Salz steht für Angst, die saure Tamarinde lässt einen vor Ekel das Gesicht verziehen und die unreife Mango sorgt mit ihrem säuerlich knackigem Geschmack für Überraschung. 

In Maharashtra und Goa ist das Neujahrsfest als Gudi Padwa verbreitet. Das Fest erlangt seinen Namen durch den Gudi, einen Topf aus Silber oder Kupfer, der umgekehrt auf einen Bambusstab gestülpt wird. Dieser wird mit Blumengirlanden, Tüchern und anderen Ornamenten als Symbol für Wachstum, Wohlstand und Neuanfang geschmückt. Die Häuser werden geputzt und mit Rangolis verziert und die Menschen feiern mit Besuchen im Tempel, besonderen Süßspeisen und neuen Kleidern. Der Gudi kann für verschiedene Dinge stehen. Manche verehren ihn als Symbol des Sieges von Shivaji (dem Nationalheld Maharashtras) über die Sakas, andere sehen in ihm eine Art Flagge der Götter Brahma und Indra. Wieder andere feiern mit dem Gudi den Sieg Ramas über Ravana (aus dem Nationalepos Ramayana). Wieder andere stellen den Gudi vor dem Haus auf, um es vor Bösem zu schützen. 

Die Sindhis, eine ethnische Gruppe aus dem Sindh (im heutigen Pakistan), feiern in Indien das neue Jahr als Cheti Chand. An diesem Tag verehren sie ihren Schutzheiligen Jhulelal. Dabei spielt Wasser als Lebensspender eine zentrale Rolle für die Rituale. Ihm werden Opfergaben in Form von Reis, Blumen, Süßem und Kerzen dargebracht. Die Gläubigen besuchen dazu Flüsse oder Seen in ihrer Nähe, um die Gaben zu übergeben. Cheti Chand wird am gleichen Tag wie Ugadi und Gudi Padwa gefeiert. 

In Gujarat richtet sich das Neujahrsfest ebenfalls nach dem Mond, jedoch ist hier der Tag nach Diwali (im Oktober/ November) am wichtigsten. Bestu Varas, wie das Fest im nordwestlichen Bundesstaat genannt wird, wird am frühen Morgen mit Feuerwerk eingeleitet. Auch hier werden die Häuser festlich mit Blumengirlanden und Rangolis geschmückt. Die Menschen nehmen ein langes Bad, kleiden sich in ihre Festgewänder und besuchen den Tempel. Danach wird mit Familie und Freunden gefeiert. Auf den Straßen verkaufen Jungen grobes Salz, das Sabras genannt wird und genau wie bei Ugadi eine Repräsentation aller Geschmacksrichtungen darstellen soll. 

In Sikkim, im Nordosten des Landes, wird das Neujahrsfest Losoong genannt und wird nach dem tibetischen Mondkalender im Dezember gefeiert. Die Feierlichkeiten finden in Palästen oder Klöstern statt. Dazu werden beeindruckende Tanzaufführungen geboten, die Geschichten aus lokalen Mythen erzählen. Durch die Tänze sollen außerdem böse Geister vertrieben und gute Geister für das neue Jahr angelockt werden. 

Feierlichkeiten nach dem Sonnenkalender 

Da sich der von uns verwendete gregorianische Kalender nach der Sonne richtet, fällt das hinduistische Neujahrsfest nach dem Sonnenkalender immer auf die gleichen Daten (13., 14. oder 15. April). In Südindien feiern die Menschen in Kerala und Tamil Nadu Neujahr an einem dieser Tage. In Nordindien findet man die Feierlichkeiten in Punjab, Haryana, Jammu, Uttar Pradesh, Uttarakhand, Himachal Pradesh, Sikkim, West Bengal, Odisha, Tripura, Assam und Arunachal Pradesh. 

In Kerala wird das hinduistische Neujahr Vishu genannt und ist das zweitwichtigste Fest nach Onam. Ein besonderes Ritual ist das Vishukkani, was so viel bedeutet wie “die Dinge, die man zuerst sieht”. In der Nacht vor dem Fest werden Gaben wie Reis, Gemüse, Obst, Kokosnüsse, Blumen und Blätter vor einem Spiegel aufgestellt. Daneben steht eine für Kerala übliche Öllampe. Am nächsten Morgen stehen die Menschen vor Tagesanbruch auf und begeben sich mit geschlossenen Augen zu den arrangierten Gaben. Erst davor öffnen sie ihre Augen, damit das erste, das sie im neuen Jahr sehen, nur Gutes ist. Diese Gaben versprechen Wohlstand für das kommende Jahr. Danach nehmen die Menschen ein Ölbad, kleiden sich neu ein und besuchen den Tempel. Am Abend wird aus dem Ramayana rezitiert und Feuerwerk wird gezündet. 

Im indischen Punjab feiert die Gemeinschaft der Sikhs das Neujahr unter dem Namen Baisakhi. An diesem Tag wird der Einführung des Khalsa, des erstrebenswerten Lebensstils der Sikhs, gedacht. Dafür unternehmen viele Menschen eine Pilgerreise zu wichtigen heiligen Stätten wie dem goldenen Tempel in Amritsar oder zu anderen Gurudwaras (Sikh-Tempeln). Für die Bauern dieser Region hat das Fest eine besondere Bedeutung, da sie an diesem Tag für eine gute Ernte im kommenden Jahr beten. 

Schaut euch hier unseren Artikel zum Punjab, der Kornkammer Indiens an! 

Andere indische Neujahrsfeste 

Nicht nur die Hindus feiern Neujahr an anderen Tagen als am 1. Januar. Auch andere Glaubensgemeinschaften haben ihre eigenen Festlichkeiten zu diesem Anlass. 

Das islamische Neujahr wird in Indien als Hijri New Year gefeiert. Dabei wird der Migration des Propheten Mohammeds von Mekka nach Medina (Hijri oder Hijrah) gedacht. Die Festivitäten fallen immer auf den ersten Tag des islamischen Monats Muharram, was in den kommenden Jahren im Juli sein wird. In Indien versammeln sich zu diesem Anlass  muslimische Männer zu Paraden, andere beten für sich und reflektieren das vergangene Jahr. 

Das Neujahrsfest der Zoroastren wird von den Parsen in Indien gefeiert. Im Iran und anderen Orten mit persischem Einfluss wird das Fest immer am 21. März gefeiert, in Indien dagegen fällt es auf Mitte August. Vor allem in Mumbai und Kashmir wird das Nowroz Fest gefeiert, weil in Mumbai die größte Population von Parsen lebt und weil Kashmir historisch stark durch Persien geprägt ist. Zum Anlass putzen die Menschen ihre Häuser, tragen neue Kleider und treffen sich zum Festmahl mit Familie und Freunden. Besondere Gerichte sind an diesem Tag Akuri (ein besonderes Rührei), Falooda (ein süßes Milchgetränk) und Safranreis

Es gibt natürlich noch viele weitere regionale Bräuche und Traditionen, um das neue Jahr in Indien einzuläuten. Wir hoffen, ihr konntet euch einen ersten Eindruck über die Vielfalt der Festlichkeiten durch diesen Artikel verschaffen. Wenn ihr Fragen oder Anregungen habt oder ihr uns von euren Erfahrungen mit indischen Neujahrsfesten erzählen wollt, schreibt gerne in die Kommentare oder direkt an [email protected]

Autorin: Tanja Holbe 

Cover Foto: Veera Jayanth - Unsplash

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